022 Noppenring
»Ein Ring, sie zu knechten ... und ewig zu binden« – ein goldener Noppenring im Männergrab
Noppenring
Fundort
Bad Wünnenberg-Leiberg
Kreis Paderborn
Fundumstände
Kontext: Grabhügel
Datum: August 1846
Objekt
Material: Gold
Durchmesser: 1,2 cm
Gewicht: 2,8 g
Datierung
1600–1500 v. Chr.
Epoche: Frühe bis mittlere Bronzezeit
»Ein Ring, sie zu knechten ... und ewig zu binden« – ein goldener Noppenring im Männergrab
»Die Arbeiter bissen ein Stück ab, um zu sehen, ob es Gold sei«, teilte der Ausgräber W. Spancken am 17. August 1846 in seinem Grabungsbericht mit. Er hatte bei Bad Wünnenberg-Leiberg im Auftrag der damaligen Regierung insgesamt 14 Grabhügel geöffnet und in dem Grabungsbericht beschrieben, was aus welchem Hügel geborgen worden war. Eine professionelle Untersuchung und einen ebensolchen Umgang mit den Funden stellen wir uns heute natürlich anders vor. Aber Spanckens Vorgehen entsprach dem damals Üblichen und immerhin erfahren wir aus seinem Bericht, dass gemeinsam mit dem Goldring Holzkohlen, Knochenfragmente, ein zerbrochenes Kurzschwert und ein Randleistenbeil gefunden worden waren. Es handelte sich demnach um das Hügelgrab eines Mannes vom Übergang der Früh- zur Mittelbronzezeit.
Es war wohl nicht nur das Schimmern des Edelmetalls, das die Menschen vor fast 4000 Jahren faszinierte. Goldringe waren schon wegen des seltenen Metalls nur einem bestimmten Personenkreis vorbehalten. Ihre Träger hatten vermutlich, wie in J.R.R. Tolkiens berühmtem Roman »Der Herr der Ringe«, eine gewisse Stellung. Eventuell waren Ringe tatsächlich schon in den frühen Gesellschaften Symbole für Schönheit und Macht. Zumindest finden sich goldene Stücke am Ende der Jungsteinzeit und in der Frühbronzezeit in besonders reich ausgestatteten Männergräbern von Mitteldeutschland bis Ungarn.
Während die Form in erster Linie an Fingerringe denken lässt, wissen wir aufgrund der Lage im Grab, dass man sie auch am Kopf als Schmuck direkt im Haar oder auf einem Kleidungsstück an der Schläfe trug. Wie der Ring aus Bad Wünnenberg-Leiberg waren viele Stücke zudem so klein, dass sie kaum jemals um einen Finger gepasst haben dürften. Gefertigt wurde dieser sogenannte Noppenring aus einem ca. 1 mm dicken Golddraht, der mittig zu einer Schlaufe, der Noppe, gebogen worden ist.
Derartige Schleifen- oder Schläfenringe gelten als überregionales Kennzeichen höhergestellter Männer. Die besonders reich ausgestatteten Gräber, in denen sie gefunden werden, zeigen aber nicht nur, dass es jetzt eine herausgehobene Bevölkerungsschicht gab, sondern auch die weitreichenden Handelsverbindungen in der frühen Bronzezeit Mitteleuropas.
Unser Noppenring gehört zu den ältesten Goldfunden Westfalens, ist aber wahrscheinlich in einer anderen Region hergestellt worden. Das Schwert, das ebenfalls aus dem Grabhügel in Leiberg stammt, zeigt, dass die hier lebenden Menschen Anschluss an ein Handels- oder Verkehrsnetz hatten, das weiträumig an den Lauf der Weser gebunden war. Die Kombination von Goldring, Schwert und Beil belegt schließlich, dass der hier bestattete Westfale ein gut situierter Mann war.
Michael M. Rind
Museum
LWL-Museum für Archäologie, Herne
Weiterführende oder zitierte Literatur
Daniel Bérenger, Was gibt man dem Verstorbenen Mann zu Beginn der Mittelbronzezeit ins Grab? In: Daniel Bérenger/Christoph Grünewald (Hrsg.), Westfalen in der Bronzezeit (Münster 2008) 16.
Waldtraut Bohm, Die ältere Bronzezeit in der Mark Brandenburg. Vorgeschichtliche Forschungen 9 (Berlin/Leipzig 1935).
Torsten Capelle, Runde Sache(n). Ringe aus Westfalen. ZeitSchnitte. Funde und Forschungen im LWL-Museum für Archäologie Herne 1 (Herne 2012) 13.
Wolfgang David, Zu früh- und ältermittelbronzezeitlichen Grabfunden in Ostbayern. In: Jan Michálek/Karl Schmotz/Marie Zápotocká (Hrsg.), Archäologische Arbeitsgemeinschaft Ostbayern/West- und Südböhmen. 7. Treffen, 11. bis 14. Juni 1997 in Landau an der Isar. Resümees der Vorträge (Rahden 1998) 108–129.
Beate Herring, Die Gräber der frühen bis mittleren Bronzezeit in Westfalen. Eine Analyse der Bestattungssitten unter besonderer Berücksichtigung des Grabbaus und ihre Einbettung in die angrenzenden Gebiete. Bodenaltertümer Westfalens 48 (Mainz 2009) bes. 535–537.
Johannes-Wolfgang Neugebauer, Bronzezeit in Ostösterreich. Forschungsberichte zur Ur- und Frühgeschichte 16 (St. Pölten 1994).
Michael Maria Rind, Der Frauenberg oberhalb Kloster Weltenburg I. Höhenbefestigungen der Bronze- und Urnenfelderzeit. Regensburger Beiträge zur Prähistorischen Archäologie 6,1–2 (Regensburg 1999).