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032 Wendelhalsring

Gefährlicher Halsschmuck – ein echt scharfer Typ

Halsring aus grünlicher Bronze, der eingedreht ist und über schwarfe Wendekanten verfügt.

© LWL/Stefan Brentführer

Scharflappiger Wendelhalsring

Fundort

Hamm, Heessener Straße

Kreisfreie Stadt Hamm


Fundumstände

Kontext: Brandgrab

Datum: 1870er-Jahre


Objekt

Material: Bronze

Durchmesser: 17,5 cm

Gewicht: 77,4 g


Datierung 

6. Jahrhundert v. Chr.

Epoche: frühe Eisenzeit

Gefährlicher Halsschmuck – ein echt scharfer Typ

Würden Sie sich etwas um den Hals hängen, das Ihnen den selbigen aufschneiden könnte? Ich nicht! Umso mehr bewundere ich die Dame, die diesen »Scharflappigen Wendelhalsring« als Zierde und als Statussymbol trug. Seinen Namen hat er nämlich zu Recht!

Für seine Herstellung schmiedete der Handwerker die Kanten eines Metallstabes aus, bis sie scharfe Lappen bildeten und der Stab einen kreuzförmigen Querschnitt besaß. Danach erhitzte und tordierte, also verdrehte er diesen. Das wellenförmige Muster erhielt der Ring dadurch, dass der Schmied beim Verdrehen des Stabes mehrfach die Richtung wechselte – im Fall des Hammer Halsrings zwölf Mal. Dieses Hin-und-her-Wenden des Stabes ist der Grund für den Namen »Wendelhalsring«, die scharfen Lappen hatten wir ja schon. An seinen Enden hat er Haken, mit denen er verschlossen werden kann.

Unser Exemplar aus Hamm ist aufwendig gearbeitet und war zu seiner Zeit ein teures Stück. Es gab aber auch eine einfachere, »unechte« und damit möglicherweise preisgünstigere Variante, die in einer Form gegossen wurde. Diese besaß ein ähnliches, aber stark vereinfachtes Muster.

Interessanterweise wurden die »echten« und die »unechten« Wendelhalsringe in Westfalen unterschiedlich genutzt. Von den elf echten scharflappigen Wendelhalsringen stammen acht aus Brandgräbern, so wie das Stück aus Hamm. Einer ist aus einem Gewässer oder einer Siedlung, bei zwei weiteren sind die Fundumstände unbekannt. Von den 16 unechten Wendelhalsringen stammen dagegen nur sechs aus Gräbern. Die anderen lagen vornehmlich in oder bei Gewässern, Quellen oder Feuchtgebieten und zwei in Höhlen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Verteilung vermuten wir, dass die unechten Wendelhalsringe eher als Opfer niedergelegt wurden, die echten dagegen als Teil der Tracht mit den Toten ins Grab gelangten. Für die Götter war also die preiswerte Variante gut genug!

Verbreitet waren Halsringe solcher Form in verschiedenen Regionen Nord- und Mitteleuropas von der ausgehenden Bronzezeit bis in die frühe Eisenzeit. Grabfunden nach zu urteilen, trugen vorwiegend Frauen diese Schmuckstücke, nur selten fand man sie in den Gräbern von Männern oder Kindern. Meist waren sie abgenutzt oder die Verschlusshaken beschädigt – ein deutlicher Hinweis darauf, dass sie zu Lebzeiten häufig getrugen wurden, wahrscheinlich als Teil der Alltagstracht.

Aber wie verhinderten die Trägerinnen nun, dass die scharfen Lappen sie verletzten? Sicherlich trugen sie den kostbaren Halsschmuck nicht auf der bloßen Haut, sondern über einem Band oder Kragen aus Fell, Leder oder Stoff, der den Hals der Trägerin schützte.

Susanne Jülich

Museum

LWL-Museum für Archäologie, Herne

(Dauerleihgabe des Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie mit Sammlung UFG, Friedrich-Schiller-Universität Jena)

Weiterführende oder zitierte Literatur

Torsten Capelle, Runde Sache(n). Ringe aus Westfalen (Herne 2012) 24–25.

Christoph Grünewald, Zum eisenzeitlichen Ringschmuck in Westfalen (Hals-, Arm- und Fußringe). In: Hans-Otto Pollmann (Hrsg.), Archäologische Rückblicke. Festschrift für Daniel Bérenger. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 254 (Bonn 2014) 151–162.

Ronald Heynowski, Die Wendelringe der späten Bronze- und frühen Eisenzeit. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 64 (Bonn 2000).

Gesamtaufnahme des kreisrunden Halsringes.

Gesamtaufnahme des Wendelhalsrings. © LWL/Stefan Brentführer

Detailaufnahme des Verschlusses.

Detailaufnahme des Verschlusses. © LWL/Stefan Brentführer