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044 Keltische Münzen

Viele Wirbel am Ende des Regenbogens

Mehrere kleine silberne Münzen, die gebogen sind und so die Form einer Schlüssel haben.

© LWL/Stefan Brentführer

Schatzfund

16 Dreiwirbelstatere, Typ Bochum, Beizeichenvarianten Roymans a–c

Fundort

Iserlohn, Hemberg

Märkischer Kreis


Fundumstände

Kontext: Hortfund

Datum: Sommer 2012


Objekt

Material: Silberlegierung

Durchmesser: 1,6–1,9 cm

Gewicht: 6,0–6,2 g


Datierung 

50 v. Chr. bis Chr. Geb.

Epoche: Spätlatènezeit


Import

Herstellungsregion: Niederrheingebiet (Belgien, Niederlande)

Herstellungszeit: 50 v. Chr. bis Chr. Geb.

Viele Wirbel am Ende des Regenbogens

Geld regiert die Welt. Es ermöglicht, verhindert und steuert heute nahezu alles. In komplexen Gesellschaften ist eine florierende Wirtschaft ohne Geld unmöglich – oder doch nicht? In Westfalen existierten in der Eisenzeit komplexe Gesellschaften und Geld war keineswegs für deren blühende Wirtschaft nötig. Warum verwendeten sie ab ungefähr 100 v. Chr. dann trotzdem Münzen?

In der keltischen Zivilisation etablierte sich der Gebrauch von Münzen, nachdem keltische Söldner von ihren makedonischen Auftraggebern mit Goldmünzen für ihre Dienste bezahlt worden waren. Die Kelten schufen bald eigene Münzkreationen, die teilweise zum Zahlungsmittel – also Geld im eigentlichen Sinne – avancierten. Weitab der keltischen Zentren und vor allem weitab der keltischen Kultur blieb hingegen der Tauschhandel ohne Geldwesen bestehen. Münzen gelangten aber als wertvolle Gegenstände trotzdem dorthin: Das frühe Geldsystem der Kelten funktionierte deshalb, weil die Münzen aus Gold, Silber, Kupfer oder aus Legierungen dieser Edelmetalle bestanden und somit einen hohen Materialwert hatten. Erst Jahrtausende später reichte es, dass eine staatliche Autorität den Geldwert von Münzen unabhängig vom eigentlichen Materialwert garantierte. Mit dem Papiergeld wurde dieser Zusammenhang in der Neuzeit ganz aufgehoben.

Auch die 16 daumengroßen eisenzeitlichen Münzen vom Hemberg bestehen aus einer Silberlegierung. Durch die antike Prägetechnik sind sie schüsselförmig und zeigen auf der aufgewölbten Seite einen Dreiwirbel und auf der anderen eine Kreisaugenverzierung. Wenige Jahrzehnte vor Christus wurden sie am Niederrhein geprägt, ungefähr zu der Zeit, als sich dort Julius Cäsar mit den grimmigen belgischen Stämmen anlegte.

Prähistorische Münzschätze werden immer wieder gefunden. Beim Pflügen der Felder kommen sie an die Oberfläche. Vom Regen freigespült, werden sie dann wegen ihres Glanzes entdeckt. So entstand der Volksglaube, dass die Goldstücke vom Regenbogen herabgetropft und dort zu finden sind, wo ein Regenbogen den Horizont berührt – daher werden sie auch Regenbogenschüsselchen genannt.

2012 berührte der Regenbogen die Spitze des Hembergs, wo die 16 Münzen entdeckt wurden. Sie sind sicherlich nicht unbeabsichtigt am höchsten Punkt des markanten Berges verloren gegangen. Wahrscheinlicher ist, dass sie hier bewusst vergraben wurden. Wenn es ein Versteck war, so ereilte den Besitzer wohl ein trauriges Schicksal, da er den Schatz nicht mehr bergen konnte. Denkbar ist aber auch, dass hier am Übergang von der Erde zum Himmel, die Münzen aus religiösen Gründen niedergelegt worden waren – vielleicht, weil ein Regenbogen am Ort erschien?

Manuel Zeiler

Archiv

Zentrales Fundarchiv der LWL-Archäologie für Westfalen, Münster (nicht öffentlich zugänglich)

Weiterführende oder zitierte Literatur

Manuel Zeiler/Moritz Jansen, … es ist nicht alles Gold, was glänzt – ein spätlatènezeitliches Münzdepot aus Iserlohn. Archäologie in Westfalen-Lippe 2013, 2014, 81–85.