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045 Waffendepot

Der getötete Tod – Waffen für die Götter

Verbogene Schwerter, Lanzen- und Speerspitzen.

© LWL/Stefan Brentführer

Waffendepot

2 Schwertklingen
2 Tüllenspeerspitzen
2 Tüllenlanzenspitzen

Fundort

Schmallenberg-Grafschaft, Wallburg Wilzenberg

Hochsauerlandkreis


Fundumstände

Kontext: Hortfund

Datum: 8. April 1950


Objekt

Material: Eisen

Länge: Schwerter unverbogen ca. 50–67 cm; Lanzen- bzw. Speerspitzen ca. 15–26 cm


Datierung 

Ende 1. Jahrhundert v. Chr.

Epoche: Spätlatènezeit

Der getötete Tod – Waffen für die Götter

Geht man so mit Hightech um? Die zwei Lanzen- und zwei Speerspitzen wurden wenige Jahrzehnte vor Christi Geburt mit großer Gewalt demoliert und in zwei absichtlich verbogene Schwertklingen gesteckt, deren Spitzen zuvor abgebrochen worden waren. Die sechs eisernen Angriffswaffen sind irreversibel zerstört worden. Das Paket wurde dann in bzw. wahrscheinlich am Wall der eisenzeitlichen Wallburg, einer mit Wällen und Graben eingefriedeten Anlage, auf dem Wilzenberg bei Schmallenberg-Grafschaft eingegraben – und somit regelrecht begraben.

Dieses Depot auf dem »heiligen Berg der Sauerländer« bietet einen seltenen Einblick in die zeitgenössische Bewaffnung gut ausgestatteter Krieger. Denn neben dem Schild zur Verteidigung war lediglich eine Lanze mit eiserner Spitze das Must-have gewöhnlicher eisenzeitlicher Recken. Seltener waren dagegen weitere Waffen wie Speere, die gegen den Feind geschleudert wurden, und vor allem Schwerter. Schwerter waren prinzipiell ungleich schwieriger herzustellen, denn sie benötigten weitaus größere Schmiedefertigkeiten und mehr Eisen. Unsere Exemplare vom Wilzenberg waren zudem mit Schweißmustern aus parallelen Linien verziert. Wegen ihrer Vorteile im Nahkampf und im Kampf zu Pferd waren Schwerter zu dem Zeitpunkt, als das Waffendepot auf dem Wilzenberg niedergelegt wurde, aber bereits fest als Statussymbol der Kriegereliten in der keltischen Welt etabliert.

In dem Depot lagen die Angriffswaffen von zwei reichen Kriegern, deren Schutzwaffen – man denke an die Schilde und eventuell auch an Helme oder Kettenhemden – fehlen. Ganz bewusst wurden die Angriffswaffen durch das Zerstören ihrer Funktion beraubt und die todbringenden Gegenstände somit gewissermaßen selbst getötet. Das Verscharren der demolierten Objekte am Wall gleicht einer symbolischen Bestattung und war sicherlich Abschluss einer Zeremonie. War es der Triumph der Sieger über zwei bezwungene Krieger? Wurden hier die Waffen der Gegner nach einer erfolgreichen Schlacht zum Dank den Göttern geopfert?

Derlei Riten sind aus der nördlichen Peripherie des keltischen Kulturraums bekannt, zu der Südwestfalen und Nordhessen zählen: Die Waffen besiegter Gegner wurden teilweise massenhaft zerstört und schließlich vergraben oder – am häufigsten – an bedeutenden Orten einfach niedergelegt. Denkbar ist daher, dass im Umfeld des Wilzenbergs ein Gefecht stattfand und die Waffen der Unterlegenen oder vielleicht auch nur ihrer Anführer geopfert wurden. Trotz des hohen Materialwertes rührte sie danach anscheinend niemand an, sodass etwa 2000 Jahre vergingen, bis sie zufällig wieder ans Tageslicht kamen.

Manuel Zeiler

Weiterführende oder zitierte Literatur

Hans Beck, Der Waffenfund vom Ringwall auf dem Wilzenberg bei Grafschaft, Kr. Meschede. In: Robert v. Uslar (Hrsg.), Studien aus Alteuropa. Festschrift Kurt Tackenberg 2. Bonner Jahrbuch Beiheft 10/2 (Köln 1965) 135–141.

Philipp. R. Hömberg, Der Wilzenberg bei Kloster Grafschaft, Stadt Schmallenberg, Hochsauerlandkreis. Frühe Burgen in Westfalen 6 (Münster 1986).

Ulrich Lehmann, Neues zu den ältesten Eisenschwertern aus Westfalen. Archäologie in Westfalen-Lippe 2013, 2014, 165–168.

Manuel Zeiler/Eva Cichy, Der Wilzenberg bei Schmallenberg-Grafschaft, Hochsauerlandkreis. Frühe Burgen in Westfalen 6 (Münster 2016).