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012 Keramikgefäße

Monumentalbau, Landmarke und letzte Ruhestätte

Keramik

Trichterbecher, Schultergefäß, Kragenflasche

Fundort

Lengerich-Wechte

Kreis Steinfurt


Fundumstände

Kontext: Großsteingrab

Datum: 1928


Objekt

Material: Keramik

Randdurchmesser:

Trichterbecher 16,2 cm

Schultergefäß 16,2 cm

Kragenflasche Bodendurchmesser 7,2 cm

Alle modern ergänzt


Datierung 

3400–2850 v. Chr.

Epoche: Spätneolithikum

Kultur: Trichterbecherkultur

Monumentalbau, Landmarke und letzte Ruhestätte

Die imposanten, aus großen Findlingsblöcken errichteten Großstein-, Megalith- oder auch Hünengräber gehören nicht erst seit den Malern der Romantik zur norddeutschen Kulturlandschaft wie Heide und Moor. Viele dieser Bauten bildeten in der Vergangenheit wichtige Landmarken. Zugleich ranken sich häufig lokale Erzählungen, Märchen und Traditionen um diese Monumente.

Von der Grabanlage in Lengerich-Wechte war allerdings vor ihrer Entdeckung im Jahre 1928 nichts weiter als eine flache, ca. 40 m lange Bodenwelle zu sehen. Erst der Betrieb einer kleinen Sandgrube brachte Hinweise auf die einst monumentale Begräbnisstätte der Trichterbecherkultur zutage. Damals war das etwa 2,5 m breite Grab auf einer Länge von 35 m erhalten, ursprünglich muss es aber länger gewesen sein. Der Boden der Grabkammer war mit einem noch intakten Steinpflaster versehen. Dagegen hatte man die größeren Granit- und Sandsteinblöcke der Seitenwände und der Decke bereits früher herausgezogen oder tiefer im Boden versenkt, damit sie beim Pflügen der Felder nicht störten. Die bis zu 1 m breiten Lücken zwischen den Seitensteinen waren ursprünglich mit einem Trockenmauerwerk aus flachen Steinen geschlossen worden.

Diese Monumente waren Gemeinschaftsgräber, in denen die in kleinen Wohnplätzen lebenden Menschen ihre Verstorbenen über einen langen Zeitraum hinweg bestatteten. Bei archäologischen Untersuchungen werden bei guten Erhaltungsbedingungen mehrere Hundert menschliche Skelette gefunden, aber auch Tierknochen (→ Nr. 013), Schmuck, Keramik oder Werkzeuge, selten sogar Bildzeichen (→ Nr. 014).

Scherben von mindestens 500 Keramikgefäßen der Trichterbecherkultur wurden auch in Lengerich-Wechte geborgen – so viele, dass für ihren Abtransport ein Zweispänner-Fuhrwerk erforderlich war. Neben den namengebenden Trichterbechern stellen sogenannte Schultergefäße und Kragenflaschen wichtige Formen dar. Die Tonwaren sind fast durchweg reich mit eingestochenen Mustern verziert. Auf einigen Gefäßen konnten in den Vertiefungen der Motive Rückstände einer weißlichen, wohl kalkhaltigen Masse festgestellt werden. Die für uns ästhetisch reizvollen Eintiefungen waren in der Vergangenheit vielleicht gar nicht als solche zu sehen, sondern mit einer eventuell sogar farbigen Paste gefüllt. Möglicherweise gab die Keramik früher ein viel bunteres Bild ab, als es sich uns jetzt darbietet.

Großsteingräber der Trichterbecherkultur sind von den östlichen Niederlanden bis Südskandinavien verbreitet. Aus Westfalen sind Hinweise auf ursprünglich 200 Anlagen bekannt. Durch Steinraub und andere Zerstörungen ist heute leider nur noch ein gutes halbes Dutzend dieser Gräber erhalten.

Bernhard Stapel

Weiterführende oder zitierte Literatur

Heinz Knöll, Die Megalithgräber von Lengerich-Wechte. Bodenaltertümer Westfalens 21 (Münster 1983).

Bernhard Stapel, Lengerich-Wechte, Kr. Steinfurt. Theiss Archäologieführer Westfalen-Lippe (Stuttgart 2008) 119–120.

August Stieren, Bodenaltertümer Westfalens. Ein Bericht über die Grabungen und Funde für die Jahre 1925 bis 1928 (Münster 1929) 30−34.

Drei Kermikgefäße mit unterschiedlicher Fotm und Größe. Beim größten Gefäß öffnet sich das obere Drittel trichförmig.

© LWL/Stefan Brentführer