057 Schatzfund
Unzählige Goldmünzen und Ringe – ein wahrhaft königlicher Schatz
Schatzfund
444 Goldmünzen
16 Silbermünzen
3 Halsringe, Typ Velp
Fundort
Dortmund, Ritterstraße
Kreisfreie Stadt Dortmund
Fundumstände
Kontext: Hortfund
Datum: 1907
Objekte
Material: Gold, Silber
Durchmesser der Ringe: 14,5–20,0 cm
Gesamtgewicht der Münzen: ca. 2040 g
Datierung
364/367–430
Epoche: Völkerwanderungszeit
Unzählige Goldmünzen und Ringe – ein wahrhaft königlicher Schatz
Davon träumt wohl jeder Sondengänger: einmal einen Topf voller Gold- und Silbermünzen und dazu noch drei Halsringe aus massivem Gold finden! Als der Schatzfund in der Dortmunder Innenstadt im Jahr 1907 zutage kam, waren Hilfsmittel zum Aufspüren von Metallobjekten allerdings noch ferne Zukunftsmusik. Bei Bauarbeiten stießen Arbeiter in 90 cm Tiefe zufällig auf einen Tonkrug, um den drei goldene Halsreifen gewickelt waren. In dem Gefäß und darum herum glitzerten 444 spätrömische Goldmünzen und 16 kleinere Silbermünzen. Die ehrlichen Finder meldeten ihre Entdeckung und so blieb einer der größten Schätze Deutschlands erhalten.
Der Schatz ist etwa 1600 Jahre alt, aber wer hatte ihn vergraben? Die Kombination der römischen Goldmünzen mit den charakteristischen Ringen, die in der Mitte eine auffallende Verdickung aufweisen, führt zu ähnlich zusammengesetzten Horten in den Niederlanden. Aber auch aus Westfalen sind weitere, allerdings kleinere Schätze bekannt: Aus Iserlohn-Oestrich und Borgentreich-Körbecke stammen vergleichbare goldene Ringe, aus Westerkappeln (→ Nr. 058) das Fragment eines solchen, dazu ein goldener Fingerring und etwa 40 Goldmünzen. Die Gleichartigkeit dieser Funde über ein weites Gebiet hinweg führte zu der These, dass die Schätze jeweils von führenden Mitgliedern einer Gemeinschaft in gleicher Weise geopfert worden seien. Die Götter sollten ihnen gewogen bleiben und es konnte auch nicht schaden, ihre Gebietsansprüche mit göttlicher Hilfe zu festigen.
Es fällt auf, dass es in dieser Zeit, der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, rechts des Rheins keine Gräber mit derart reichen Beigaben gibt, in denen man die Bestattung von Mitgliedern einer Elite vermuten könnte. In den linksrheinischen römischen Provinzen gibt es diese nämlich durchaus. Aber in Westfalen gehörte ein solches Vermögen offenbar nicht einer Person allein. Die generationenübergreifende Zusammensetzung vieler dieser Münzschätze spricht eher dafür, dass ihr Besitz an die höchste gesellschaftliche Position geknüpft war, die man mit »königlich« umschreiben könnte. Und deshalb ist es umso spannender, dass die Fundorte schön aufgeteilt dort liegen, wo römische Schriftquellen altfränkische Stammesverbände lokalisieren, im Fall des Dortmunder Schatzfundes die Brukterer.
Wie kommt man zu so großem Reichtum? Ganz einfach: indem man von politischen Unruhen innerhalb des Römischen Reiches profitiert und als potenzieller Bedroher der römischen Provinzen die Hand aufhält. Tribute, Geschenke, aber auch reicher Lohn für militärische Unterstützung in Zeiten, in denen römische Kaiser und Usurpatoren sich die Klinke in die Hand gaben, füllten die germanischen Schatztruhen. Ohne Zweifel: Kriegsgewinnler sein, war ein wirtschaftliches Erfolgsmodell.
Vera Brieske
Museum
Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Dortmund
Weiterführende oder zitierte Literatur
H. Anthonie Heidinga, From Kootwijk to Rhenen: in Search of the Elite in the Central Netherlands in the Early Middle Ages. In: Jan C. Besteman/Jurjen M. Bos/H. Anthonie Heidinga (Hrsg.), Medieval Archaeology in the Netherlands. Festschrift H. H. van Regteren Altena (Assen/Maastricht 1990) 9–40.
Max Martin, Edelmetallhorte und -münzen des 5. Jahrhunderts in Nordgallien und beiderseits des Niederrheins als Zeugnisse der frühfränkischen Geschichte. Xantener Berichte 15, 2009, 1–50.
Dieter Quast, Velp und verwandte Schatzfunde des frühen 5. Jahrhunderts. Acta Praehistorica et Archaeologica 41, 2009, 207–230.
Kurt Regling, Der Dortmunder Fund römischer Goldmünzen (Dortmund 1908).
Nico Roymans, Gold, Germanic Foederati and the End of the Imperial Power in the Late Roman North. In: Nico Roymans/Stijn Heeren/Wim de Clerq (Hrsg.), Social Dynamics in the Northwest Frontiers of the late Roman Empire (Amsterdam 2017) 57–80.