Bodendenkmalpflege im Dritten Reich ...
Die 1930er-Jahre sind durch die wirtschaftliche Depression gegen Ende der Weimarer Republik und die nachfolgende rege Bautätigkeit unter den Nationalsozialisten geprägt. Insbesondere der Bau der Reichsautobahnen führt zu vielen neuen Fundstellen und ist eine große Herausforderung für die Bodendenkmalpflege. Zugleich vereinnahmen die neuen Machthaber die Archäologie zunehmend, zwischen den Vertretern der Klassischen und Provinzialrömischen Archäologie auf der einen Seite und ideologisch motivierten Vertretern der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie auf der anderen Seite entbrennt ein »Kampf um die deutsche Vorgeschichte«.
1930
August Stieren wird Vorsitzender der Altertumskommission und legt damit den Grundstein für die prägende Verzahnung von Museum und Altertumskommission.
1931
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten gegen Ende der Weimarer Republik führen schließlich zu einem Dienstreiseverbot für Stieren, das Ausgrabungen und Dokumentationen vor Ort fast unmöglich macht.
1932
Stieren widerlegt durch Suchschnitte an den Externsteinen bei Horn-Bad Meinberg die Thesen des Lippischen Laienforschers Wilhelm Teudt um ein germanisches Heiligtum an den Felsen. Das hindert völkische und nationalsozialistisch beeinflusste Kreise jedoch nicht daran, die Externsteine als »germanisches Nationalheiligtum« propagandistisch auszuschlachten und politisch motivierte Angriffe auf Stieren und die Altertumskommission für Westfalen zu starten.
1933
Stieren wird auf Bestreben der Befürworter eines germanischen Heiligtums an den Externsteinen seines ehrenamtlichen Postens als Beauftragter für die Bodendenkmalpflege in Lippe enthoben.
An der Universität Münster wird eine Professur für Deutsche Vorgeschichte eingerichtet, die mit Stieren besetzt werden soll. Da Stieren kein Mitglied der NSDAP ist, versucht sein Mitbewerber Julius Andree, seine Berufung zu verhindern und gleichzeitig die Altertumskommission im Sinne der neuen Machthaber gleichzuschalten.
1934
Die vorgeschichtliche Abteilung des Landesmuseums wird zum »Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte«, dessen Leitung Stieren übernimmt. Gleichzeitig wird er alleiniger Vertrauensmann für die kulturgeschichtlichen Bodenaltertümer für die gesamte Provinz Westfalen.
In der Hellwegzone in Soest-Deiringsen/Ruploh dokumentiert Stieren das erste (mittel-)neolithische Trapezlanghaus Mitteleuropas. Es datiert in die Rössener Kultur.
1937
Aufgrund seiner Kritik am Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte wird Stieren die ordentliche Professur an der Universität Münster verwehrt und er darf diese als Honorarprofessor nur vertreten.
Der »Kampf um die deutsche Vorgeschichte« zwischen provinzialrömischen und prähistorischen Archäologen findet ein Ende. Dadurch können die Grabungen in den Römerlagern Haltern und Kneblinghausen wieder aufgenommen werden.
1938
Erste Probegrabungen beginnen auf dem 1916 entdeckten eisenzeitlichen Mooropferplatz in Hille-Unterlübbe, der bis in die 1980er-Jahre mehrfach untersucht werden wird.
1939
Aus einer großen Seitenspalte in der Balver Höhle werden von Bernhard Bahnschulte zahllose Steingeräte des späten Neandertalers (vor ca. 70.000–50.000 Jahren) und Tierreste aus der Mitte der letzten Eiszeit geborgen.
In Bielefeld und Arnsberg werden Außenstellen des Landesmuseums für Vor- und Frühgeschichte eingerichtet, die für die archäologische Denkmalpflege zuständig sind.